Wehrbruch in Duvenstedt - ein Stück Alster im Fluss

Am Montag den 20. April riss eine Eisenkette, die eine Wehrklappe an der Wohldorfer Schleuse hielt. Der Stau vor dem Wehr rauschte die Alster runter und für 14 Tage blieb Wehr offen.

Schlamm- und Sandwüsten flussabwärts?

Wenn ein Damm bricht, strömen in kurzer Zeit große Wassermassen in das Gewässer unterhalb. Dieses Wasser führt einen Großteil des Schlammes und des Sands, der sich in dem Staubereich vor dem Wehr angesammelt hat, mit sich. Verliert die Flutwelle an Energie, sinken diese Sedimente auf den Gewässergrund oder lagern sich in strömungsberuhigten Bereichen zum Beispiel in den Innenkurven von Bächen oder hinter Bäumen, die in der Alster liegen ab. Wie viel Sediment sich auf unsere unterhalb gelegenen Kiesbänke gelegt hat, wurde am 4. Mai untersucht. Zum Glück konnten wir feststellen, dass die nächstgelegene Kiesbank keinen Schaden genommen hat.

Kein Schlamm auf die Meerforellen-Brut diesen Jahres

Zwischen den Kieselsteinen entwickeln sich die Eier der Meerforellen und anderer kieslaichender Fische und Neunaugen. Werden große Mengen von Schlamm in dieses Lückensystem geschwemmt, drohen die Fischeier oder die geschlüpften Fischlarven, die noch im Kies sind, zu ersticken. In der Presse wurde der Verlust der Meerforellen-Brut eines ganzen Jahrgangs beklagt. Das ist so nicht richtig, die jungen Meerforellen der vergangenen Laichsaison sollten mittlerweile allesamt geschlüpft und außer Gefahr sein. Anders sieht es für die Bachneunaugen aus. Ihr Laichgeschäft ist in vollem Gange. Ob die Havarie an der Wohldorfer Schleuse zu Verlusten bei dieer besonders geschützten Tierart geführt hat, werden die nächsten Elektrobefischungen im Auftrag der Umweltbehörde zeigen.

Ein Bild wie schon seit Jahrhunderten nicht mehr

Die Alster wurde bereits im 16. Jahrhundert angestaut, um sie besser befahren zu können. Ein Bild wie nach dem Wehrbruch gab es also schon lange nicht mehr: Die Alster und auch die Ammersbek auf ihren letzten Metern sehen aus wie echte Fließgewässer. Da das Wehr nicht in voller Höhe ersetzt werden konnte, ist die Strömung in den oberen Strecken teilweise noch immer turbulent. Es wird hoch interessant, die Entwicklung dieser neuerdings echten Fließgewässerstrecken zu beobachten. Im Unterlauf der Ammerbek wurde soviel Schlamm bachabwärts gespült, dass ein geröllig-kiesiges Bachbett zu sehen war, das jetzt allerdings wieder überstaut ist. Aber das Potential der Entwicklung wertvoller Lebensräume hat sich gezeigt.

Auwälder in Not?

Auwälder sind selten und viele der oberhalb des Wehres gelegenen Lebensräume sind so wertvoll, dass sie besonders geschützt sind. Durch den Wehrbruch ist der Wasserstand am Wehr um weit mehr als einen Meter gesunken. Das hätte langfristig  auch Folgen für diese Lebensraumtypen und ihre Bewohner haben können. Ob Arten und Lebensräume auch von den verbliebenen Änderungen des Wasserstandes möglicherweise betroffen sind und was dagegen getan werden kann, muss von Biologen gutachterlich erfasst werden.  Für die wertvollen Feuchtbereiche um die Diekbekaue sind allerdings keine großen Auswirkungen zu erwarten, da dort viele quellige Bereiche für ausreichendes Nass sorgen.

Und was wurde getan?

Die Wasserwirtschaft des Bezirksamtes Wandsbek hat die Wiederherstellung des Staus beauftragt. Das erfolgte bis zum 11. Mai aus statischen Gründen nur auf einer Höhe von ca 1,10m und damit etwa einen halben Meter niedriger als vorher. Muscheln, die seit dem Wehrbruch auf dem Trockenen lagen, beziehungsweise im Schlamm steckten, bekommen wieder das notwendige Wasser überm Saugfuß. Für Fische, die die Alster bis in den Oberlauf schwimmen wollen, ist am Wehr dann wieder Schluss. Aber es verbleiben noch Strecken in den vom Wehr entfernteren Gewässerbereichen, wo es weiter lebhafter strömt als vorher.
Die gegenwärtige Situation wird als Anlass genommen  grundlegend zu prüfen, ob an der Alster hier langfristig weniger Stau und das heißt mehr Fließgewässercharakter zugebilligt werden kann.  Das hätte positive Auswirkungen auf die Gewässerqualität und viele anspruchsvolle Bewohner.
Die bisherige Planung sah vor, dass erst im Jahr 2023 das Wehr umgebaut und Aufstiegsmöglichkeiten für im Wasser lebenden Tiere geschaffen werden sollten. Dass ist auch dringend notwendig, denn Neunaugen, Meerforellen und andere Bachbewohner brauchen eine durchgängige Alster, um hier auf Dauer leben und sich vermehren zu können.

Kiesbetten im Hamburger Alsterlauf und deren Eignung als Laichhabitat für Meerforellen
Untersuchungen im Winter 2019/2020
Meerforelle Alster 2019_2020 MH_20200330
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